Mehr Netto fürs Gemeinwohl: Steuerliche Chancen beim Spenden und Stiften
Wer spendet oder stiftet, tut Gutes – und kann gleichzeitig steuerlich profitieren. Der Gesetzgeber möchte bürgerschaftliches Engagement fördern und beteiligt sich über Steuervergünstigungen als „Mitfinanzierer“. Ob regelmäßige Spenden, langfristige Zustiftungen oder Zuwendungen aus einer Erbschaft: Unser Magazin-Beitrag zeigt die wichtigsten Möglichkeiten – und warum individuelle Beratung dabei unverzichtbar ist.
Gutes zu tun und dabei Steuern zu sparen, ist kein “Schlupfloch”, sondern ausdrücklich vom Gesetzgeber gewollt. Zuwendungen an gemeinnützige Organisationen und Stiftungen fördern gesellschaftlich relevante Zwecke – und der Staat beteiligt sich indirekt an dieser Förderung über steuerliche Vergünstigungen. Die Beratungspraxis zeigt, dass die überwiegende Zahl der Stifterinnen und Stifter ihre Entscheidung nicht aus steuerlichen Motiven trifft, sondern aus dezidiert gemeinnützigen Beweggründen. Dennoch lohnt es sich, die steuerlichen Vorteile zu kennen. Denn: Wer die steuerlichen Spielräume kennt, kann mehr Mittel für gemeinnützige Zwecke einsetzen – ohne selbst mehr Geld aufbringen zu müssen.
1. Spenden: Direkt helfen – und Steuern mindern
Spenden sind Zuwendungen an gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke fördernde Organisationen, die zeitnah¹ für den „guten Zweck“ verwendet werden.
- Absetzbar sind bis zu 20 % des Gesamtbetrags der Einkünfte. Unternehmen, Gewerbetreibende und Freiberufler können den Höchstbetrag von 0,4 Prozent der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter in Anspruch nehmen (§ 10b Abs. 1 EStG).
Wichtig:
- Nicht genutzte Beträge können zeitlich unbegrenzt in Folgejahre vorgetragen werden (Spendenvortrag). Das bedeutet, dass ein Spender seine im Jahr 2020 geleistete Spende auch noch im Jahr 2025 vortragen kann, was vor allem von Vorteil ist, wenn eine Spende in einem einkunftsschwachen Jahr geleistet wurde. Hinsichtlich der zeitlichen Zuordnung einer Spende gilt das Abflussprinzip. Danach sind Zuwendungen in dem Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen, in dem sie tatsächlich geleistet worden sind (§ 11 Abs. 2 EstG).
Beispiel:
Ein Ehepaar mit einem Gesamtbetrag der Einkünfte von jährlich 200.000 € könnte 40.000 € pro Jahr spenden. Über 40 Jahre wären das 1,6 Mio. €. Bei einem Grenzsteuersatz von 45 % ergäbe sich eine Steuerersparnis von 720.000 €. Das Ehepaar müsste netto also nur 880.000 € aufbringen, könnte aber 1,6 Mio. € für gemeinnützige Zwecke einsetzen. Würden zusätzlich die gesparten Steuern ebenfalls gespendet, könnten im selben Zeitraum sogar insgesamt 2,32 Mio. € gemeinnützig wirken – und das ggf. zusätzlich zu den Erträgen aus einer steuerbegünstigten Einzahlung in den Grundstock einer Stiftung (siehe Beispiel unter 2.).2
2. Stiften und Zustiften: Langfristig Gutes bewirken – mit Extra-Steuervorteil
Zuwendungen in den Vermögensstock einer gemeinnützigen Stiftung – ob als Erstdotation bei der Gründung oder als Zustiftung zu einer bestehenden Stiftung – sind steuerlich besonders begünstigt:
- Bis zu 1 Mio. € pro Person (2 Mio. € bei zusammenveranlagten Ehegatten) können auf Antrag im Jahr der Zuwendung und in den folgenden neun Jahren vom Gesamtbetrag der Einkünfte als Sonderausgabe abgezogen werden (§ 10b Abs. 1a EStG).
Wichtig:
- Der Abzug ist zusätzlich zum allgemeinen Spendenabzug nach § 10b Abs. 1 EStG möglich.
- Der Betrag kann innerhalb des 10-Jahres-Zeitraums frei verteilt werden; nicht genutzte Beträge gehen nach Ablauf in den allgemeinen Spendenvortrag über.
- Ein Wechsel zwischen Abs. 1a und Abs. 1 innerhalb desselben 10-Jahres-Zeitraums ist nicht möglich.
- Der Empfänger muss eine rechtsfähige oder nichtrechtsfähige Stiftung (Treuhandstiftung) sein; Zuwendungen an Vereine oder Stiftungs-GmbHs lösen den Sonderabzug nach Abs. 1a nicht aus. ³
- Bei reinen Verbrauchsstiftungen gibt es keinen § 10b Abs. 1a-Vorteil, da deren Vermögen nicht zu erhalten ist. So genannte Hybrid-Stiftungen kombinieren nicht zu verbrauchendes Grundstockvermögen mit zusätzlichem, zu verbrauchenden Vermögen. Der Grundstockanteil ermöglicht den erhöhten Sonderausgabenabzug (§ 10b Abs. 1a EStG), der zu verbrauchende Teil fällt unter den allgemeinen Spendenabzug (§ 10b Abs. 1 S. 1 EStG).
- Den Sonderausgabenabzug können nur natürliche Personen, Einzelunternehmer und Personengesellschaften in Anspruch nehmen; für Körperschaften – also auch für Kapitalgesellschaften wie GmbH oder AG – gilt er nicht.
Beispiel:
Ein Ehepaar, beide Partner 40 Jahre alt, zahlt alle 10 Jahre 2 Mio. € in den Vermögensstock einer Stiftung ein. Bis zum 70. Lebensjahr sind das 4 × 2 Mio. € = 8 Mio. €. Bei einem Grenzsteuersatz von 45 % trägt der Staat rund 3,6 Mio. € bei; das Paar bringt netto nur 4,4 Mio. € auf, kann aber mit den Erträgen aus 8 Mio. € dauerhaft gemeinnützig wirken. Würden auch die gesparten Steuern gestiftet, stiege der Grundstock auf etwa 11,6 Mio. €.2
3. Geerbtes Vermögen übertragen: Steuerbefreiung nutzen
Wer innerhalb von 24 Monaten nach einem Erbfall eine Zuwendung an eine steuerbegünstigte Organisation leistet bzw. geerbte Vermögensgegenstände an diese überträgt, kann zwischen zwei steuerlichen Varianten wählen:
- Rückwirkende Befreiung von der Erbschaftsteuer: Die Zuwendung wird so behandelt, als wäre sie nicht in den steuerpflichtigen Erwerb eingeflossen (§ 29 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG).
- Abzug als Sonderausgabe bei der Einkommensteuer: Die Zuwendung kann im Rahmen der allgemeinen Spendenabzugsmöglichkeiten (§ 10b Abs. 1 EStG) geltend gemacht werden.
Welche Option günstiger ist, hängt vom individuellen Einkommensteuersatz und vom Erbschaftsteuersatz ab. Besonders relevant ist diese Regelung, wenn die Erbschaft eine hohe Steuerbelastung auslöst oder der Erbe ein hohes zu versteuerndes Einkommen hat.
Wichtig:
- Die Zuwendung muss tatsächlich aus der Erbschaft stammen und an eine in Deutschland steuerbegünstigte Organisation – i. S. d. §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung – gehen (bei EU/EWR-Empfängern nur mit Gemeinnützigkeitsnachweis)4.
- Die Steuerbefreiung gilt unabhängig davon, ob der Erblasser zu Lebzeiten bereits eine Stiftung unterstützt hat oder nicht5.
- Wird die 24-Monats-Frist überschritten, entfällt die Erbschaftsteuerbefreiung (§ 29 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) – der Sonderausgabenabzug nach § 10b EStG bleibt aber möglich6.
- Der rückwirkende Entfall der Erbschaftsteuer gilt nicht, soweit der Zuwender für die Vermögensübertragung den Spendenabzug nach § 10 b EStG geltend gemacht hat oder die Stiftung an den Erwerber oder seine nächsten Angehörigen Leistungen nach § 58 Nr. 5 AO zu erbringen hat (§ 29 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG).7
Beispiel 1:
Wird eine Erbschaft von 50.000 € angenommen und davon 10.000 € an eine gemeinnützige Stiftung gespendet, kann sich die Erbschaftsteuer (bei 7 % Steuersatz) um 700 € verringern – alternativ ist ein Abzug als Spende bei der Einkommensteuer möglich.8
Beispiel 2:
Eine Erbin erhält 500.000 €. Nach Abzug des Freibetrags von 400.000 € (z. B. als Kind) bleiben 100.000 € steuerpflichtiger Erwerb. Darauf fallen in Steuerklasse I 15 % Erbschaftsteuer an (= 15.000 €). Gibt sie diesen Betrag innerhalb von 24 Monaten an eine gemeinnützige Stiftung, entfällt die Erbschaftsteuer darauf vollständig (Ersparnis: 15.000 €).
Wählt sie stattdessen den Sonderausgabenabzug bei der Einkommensteuer (bei einem Grenzsteuersatz von 45 % und entsprechend hohem Einkommen), kann sie 45.000 € Einkommensteuer sparen – in diesem Fall also deutlich mehr.
Wissenswertes im Überblick
- Stiftungen sind kein Steuersparmodell: Das eingebrachte Vermögen steht dem Stifter, der Stifterin nicht mehr zur Verfügung und dient dauerhaft dem gemeinnützigen Zweck.
- Kombination lohnt sich: Allgemeiner Spendenabzug und erweiterter Spendenabzug/Sonderausgabenabzug können parallel genutzt werden.
- Spenden und Zustiftungen an EU/EWR-Organisationen sind abziehbar, wenn die Gemeinnützigkeit nachgewiesen wird; Drittstaaten sind meist nicht begünstigt.
- Darlehen an oder Investitionen in eine Stiftung sind zusätzliche Formen philanthropischen Handelns, begründen aber regelmäßig keinen Spendenabzug.
Fazit
Steuerliche Regelungen erlauben es, den Staat als „Mitfinanzierer“ einzubinden und das Gesamtvermögen des gemeinnützigen Sektors zu vergrößern. Gleichwohl sollte die konkrete steuerliche Gestaltung stets auf die individuelle Situation abgestimmt werden. Bei den in diesem Beitrag angeführten Beispielen handelt es sich um modellhafte Annahmen, keine allgemeingültigen Berechnungen. Die tatsächliche Steuerersparnis hängt immer von individuellen Freibeträgen, Steuerklasse, Höhe einer Erbschaft, Steuerprogression und weiteren Faktoren ab. Eine steuerrechtliche Beratung ist daher dringend zu empfehlen, um die gewährten Vorteile optimal zu nutzen.
Nehmen Sie gern mit uns Kontakt auf, wenn Sie Rückfragen oder Anmerkungen zu diesem Beitrag haben.
Jetzt Kontakt aufnehmen
Hinweis: Dieser Beitrag stellt keine rechtliche Beratung dar und ersetzt diese nicht. Der Beitrag wurde auf Grundlage seriöser Quellen erstellt und soll der ersten Orientierung dienen.
Wesentliche Quellen:
Bundesverband Deutscher Stiftungen (Hrsg.): Steuerbegünstigung für Stiftungen und Zuwendungsgeber; abrufbar unter: www.stiftungen.org
Bundesverband Deutscher Stiftungen (Hrsg.): Faktenblatt Zustiftung. Stand: 2021.
¹ Eine zeitnahe Mittelverwendung ist gegeben, wenn die Mittel spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. (Quelle: gesetze-im-internet.de/ao_1977/__55.html)
² Stiftung der Evangelischen Landeskirche in Baden: Steuervorteile durch Stiften und Spenden – der Staat beteiligt sich, 2019; abrufbar unter: gutes-stiften.org
Bei den in diesem Beitrag angeführten Beispielen handelt es sich um modellhafte Annahmen, keine allgemeingültigen Berechnungen. Die tatsächliche Steuerersparnis hängt immer von individuellen Freibeträgen, Steuerklasse, Höhe der Erbschaft, Steuerprogression und weiteren Faktoren ab.
³ „Erfasst werden dabei sowohl rechtsfähige als auch nichtrechtsfähige Stiftungen. Nicht zu den Stiftungen in diesem Sinne zählen z. B. Stiftungs-GmbH oder Stiftungs-Verein. Entscheidend ist ausschließlich die Rechtsform, nicht aber die Bezeichnung der Empfängerorganisation.“ (Quelle: Bundesverband Deutscher Stiftungen, Faktenblatt Zustiftung; Stand: 2021)
4 Vgl. BFH, Urteil v. 27.5.2009 – I R 84/08; § 29 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG; § 10b Abs. 1 EStG; BMF-Schreiben v. 6.2.2017, BStBl I 2017, 238 (Nachweis der Gemeinnützigkeit bei EU/EWR-Empfängern).
⁵ Vgl. BFH, Urteil v. 17.10.2007 – II R 37/05; bestätigt durch FinMin NRW v. 3.7.2013, Az. S 3812 – 42 – V A 3.
6 § 29 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG; vgl. auch BFH, Urteil v. 17.10.2007 – II R 37/05.
7 Mecking, Christoph/ Weger, Magda: Die Stiftung in der Fundraising-Konzeption.2. Aufl. 2010. S. 15 ff. (2.3.2. Steuervorteile für Stifter und Spender)
8 Hinweis: Liegt die Erbschaft unterhalb des persönlichen Freibetrags (z. B. 400.000 € bei Kindern), fällt keine Erbschaftsteuer an.
Weitere interessante Neuigkeiten aus dem Non Profit-Bereich und speziell zu unseren Aktivitäten finden Sie auf unseren Social Media-Kanälen auf Facebook, Instagram und LinkedIn sowie in unserem viermal im Jahr versendeten Newsletter. Wenn auch Sie unseren Newsletter erhalten möchten, melden Sie sich gerne unterhalb an.