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Stiftungsformen: Wie vielfältig die Stiftungslandschaft wirklich ist

Bei Menschen, die sich noch nie oder bislang nur sehr oberflächlich mit dem Stiftungswesen auseinandergesetzt haben, kann der Eindruck entstehen, dass jede Stiftung wie die andere ist. Im Grundsatz ist dies auch richtig. Eine Stiftung ist letztendlich immer eine Vermögensmasse, die einem (zumeist gemeinnützigen) Zweck auf Dauer gewidmet ist. Dass die Realität jedoch deutlich farbenreicher ist, darüber informiert Sie unser Magazin-Beitrag.

„Die Stiftung ist eine mit einem Vermögen zur dauernden und nachhaltigen Erfüllung eines vom Stifter vorgegebenen Zwecks ausgestattete, mitgliederlose juristische Person.“ Diese im BGB zu findende Definition beschreibt die Grundcharakteristika einer jeden Stiftung unabhängig von deren Rechtsform. Was auf dem Papier so simpel beschrieben ist, kann in der Praxis jedoch je nach Zielsetzung und Stifterhintergrund ganz unterschiedliche Ausprägungen annehmen. Wir stellen Ihnen die unterschiedlichen Stiftungstypen in alphabetischer Reihenfolge überblicksartig vor.

Bürgerstiftung

Bürgerstiftungen sind nach eigenem Selbstverständnis Gemeinschaftsstiftungen von Bürgern für Bürger. Sie präsentieren sich als „Mitmach-Stiftungen“, die das bürgerschaftliche Engagement vor Ort fördern möchten und werden anders als die Mehrzahl der Stiftungen nicht von einzelnen Privatpersonen, Unternehmen oder Organisationen gegründet, sondern von mehreren Stiftern. Ihr Aktivitäts- und Förderbereich ist auf die eigene Gemeinde, Stadt oder Region begrenzt, wohingegen ihr Stiftungszweck außergewöhnlich breit gefasst ist. Die Zahl an Bürgerstiftungen ist seit Gründung der ersten Bürgerstiftung in Gütersloh im Jahr 1996 auf mehr als 400 angestiegen.

Dachstiftung

Dachstiftungen bieten sich als „Dach“ für die Verwaltung anderer Stiftungen, in der Regel ausschließlich nicht rechtsfähiger Treuhandstiftungen und sog. Stiftungsfonds, an. Neben Bürgerstiftungen stellen auch Stiftungsdienstleister und Bankinstitute von ihnen gegründete „eigene“ rechtsfähige Stiftungen zur Verfügung. Der Hauptvorteil für die „unter das Dach geschlüpften“ Stifter und Stiftungen besteht darin, dass sie den Aufwand der Gründung einer eigenen Stiftung vermeiden und die Kosten einer eigenen Verwaltung und Buchhaltung i. d. R. erheblich reduzieren können. Ein Beispiel einer solchen Dachstiftung ist die „BraWo Stiftergemeinschaft“.

Familienstiftung

Familienstiftungen dienen in erster Linie, zumeist ausschließlich, den Interessen der Mitglieder einer Familie oder mehrerer bestimmten Familien. Hauptintention ist, das Familienvermögen durch Einbringung in eine Stiftung vor Zersplitterung durch Erbvorkommnisse zu schützen. Aufgrund der der fehlenden Gemeinwohlausrichtung zählen sie zu der vergleichsweise kleinen Gruppe der privatnützigen Stiftungen (schätzungsweise 7 Prozent aller Stiftungen bürgerlichen Rechts sind rein privatnützig) und können steuerlich nicht wie gemeinnützige Stiftungen behandelt werden und daher keinerlei Steuerbefreiungen genießen. Die Zahl an Familienstiftungen wird auf mehr als 700 geschätzt.

Förderstiftung

Förderstiftungen setzen die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel (Vermögenserträge, Spenden und sonstige Einnahmen) zur Förderung Dritter – Organisationen, Projekte und Einzelpersonen – und nicht zur Finanzierung eigener Projekte und Programme ein. Fast zwei Drittel aller Stiftungen sollen rein fördernd tätig sein, ca. 20 % rein operativ und ca. 20 % sowohl fördernd als auch operativ. In welcher Weise die Stiftung agiert bzw. agieren darf, legt der Stifter in der Satzung fest. Treuhandstiftungen sind üblicherweise als (reine oder teilweise) Förderstiftungen ausgestaltet, wohingegen selbstständige Stiftungen eher rein operativ oder fördernd und operativ tätig sind.

Gemeinnützige Stiftung

Eine gemeinnützige Stiftung ist keine eigene Stiftungsform im engeren Sinne. Der Zusatz „gemeinnützig“ bringt nur zum Ausdruck, dass ihr Zweck darauf ausgerichtet ist, die „Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern“. Die Anerkennung als gemeinnützig erfolgt nach Beantragung und positivem Prüfungsergebnis durch die zuständige Finanzbehörde am Sitz der Stiftung oder im Falle einer unselbständigen Stiftung am Ort des Verwalters. Mit dem Status der Gemeinnützigkeit – in Abgrenzung zur „Privatnützigkeit“ – gehen spezifische Steuerbefreiungen bzw. -begünstigungen, in Gestalt reduzierter Steuersätze und Freigrenzen, einher. Zugleich ist die Stiftung verpflichtet, gemeinnützigkeitsrechtskonform zu agieren und so ihren privilegierten Steuerstatus zu bewahren.

Gemeinschaftsstiftung

Eine Gemeinschaftsstiftung geht entweder – wie es der Begriff nahelegt – auf die Initiative von Gemeinschaften und Gruppen zurück, die dauerhaft gemeinsame Ziele an einem bestimmten Ort oder in einem bestimmten Themenbereich (z. B. Umwelt- und Naturschutz, Kultur, Soziales) verfolgen wollen oder auf die Initiative von Banken, die die Stiftungsengagements ihrer Kundinnen und Kunden bündeln möchten. Die Rechtsform der Stiftung – anstelle eines Vereins – wird gewählt, um neben Spenden auch Zustiftungen gewinnen und ein größeres, unverbrauchbares und vor dem Zugriff der Mitglieder geschütztes Vermögen ansammeln zu können. Mitunter ermöglichen Gemeinschafts-stiftungen auch die Errichtung sog. Stiftungsfonds, d.h. von Zustiftungen, deren Erträge für einen sehr konkreten Zweck verwendet und regelmäßig mit dem Namen der Zustifter und/oder dem Thema, dem Ziel des Fonds versehen werden.

Hybridstiftung

Eine Hybridstiftung zeichnet aus, dass sie wohl ein zu erhaltendes Grundstockvermögen als auch ein verbrauchbares Vermögen besitzt. Zur Anerkennung ist es – wie im Falle „nicht-hybrider Stiftungen“ – erforderlich, dass das Grundstockvermögen zur dauernden und nachhaltigen Zweckerfüllung ausreichend ist. Die Stiftung darf also nicht vom „Verbrauchsvermögen“ abhängig sein. Da das Vermögen von Stiftungen üblicherweise entweder ausschließlich unverbrauchbar oder ausschließlich verbrauchbar ist, stellt diese „Mischform“ nach wie vor eine Besonderheit dar. Ihre Zahl dürfte im niedrigen dreistelligen Bereich liegen. Bekannteste Beispiele sind die „Giordano-Bruno-Stiftung“ und die „IOTA-Stiftung“.

Kirchliche Stiftung

Eine kirchliche Stiftung ist eine Stiftung, die ausschließlich oder überwiegend kirchliche Zwecke, wie die Liturgie, die Verkündigung und das karitativ-diakonische Handeln, verfolgt. Diese Stiftungen besitzen in aller Regel eine Rechtspersönlichkeit nach staatlichem Recht oder sie sind Treuhandvermögen. Sie können privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich organisiert sein und benötigen zusätzlich zur Genehmigung einer staatlichen Stiftungsaufsicht zunächst die Anerkennung nach kirchlichem Recht. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen schätzte 2016, dass es insgesamt mehr als 30.000 Kirchenstiftungen verschiedener Rechtsformen in Deutschland gibt, die – da die Verfolgung kirchlicher Zwecke zu den steuerbegünstigten Zwecken zählt – in den Genuss von besonderen steuerlichen Vorteilen kommen.

Mildtätige Stiftung

Mildtätige Stiftungen zielen darauf ab, Personen selbstlos zu unterstützen, die „infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf Dritte angewiesen“ sind oder sich wirtschaftlich nicht selbst unterhalten können. In den seltensten Fällen verfolgen diese Stiftungen ausschließlich mildtätige Zwecke, sondern tun dies meist in Kombination mit gemeinnützigen Zwecken, wie die Förderung des Wohlfahrts- und Gesundheitswesens, und kirchlichen Zwecken. Einrichtungen, die mildtätige Hilfeleistungen erbringen, sind beispielsweise in der Telefonseelsorge tätig, betreiben Frauenhäuser oder Fahr- und Mahlzeitendienste für Kranke und Behinderte oder leisten Opferschutz. Stiftungen, die mildtätige Zwecke verfolgen, sind nach der sog. Abgabenordnung (AO) steuerbegünstigte Körperschaften.

Öffentlich-rechtliche Stiftung

Öffentlich-rechtliche Stiftungen werden von staatlicher Seite durch einen Stiftungsakt, insbesondere per Gesetz, errichtet und verfolgen Zwecke, die von einem besonderen öffentlichen Interesse sind. Dies unterscheidet sie von privatrechtlichen Stiftungen, die als privatnützige Stiftungen Partikularinteressen – einer Familie, eines Unternehmens oder einer Organisation – dienen oder als gemeinnützige Stiftungen steuerbegünstigte Zwecke zum Wohle der Allgemeinheit verfolgen können. Zu den öffentlich-rechtlichen Stiftungen gehören u. a. staatliche, kommunale und kirchliche Stiftungen. Die “Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt” ist eines der prominentesten Beispiele dieses Stiftungstyps. Sie wurde 2020 gegründet und geht auf ein gemeinsames Vorhaben dreier Bundesministerien zurück.

Rechtsfähige Stiftung

Die rechtsfähige Stiftung des Privatrechts ist – auch wenn die Anzahl nicht rechtsfähiger Stiftungen wesentlich größer ist – die „klassische Gestalt“ einer Stiftung. Sie ist eine eigentümer-, gesellschafter- und mitgliederlose juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit. Die im BGB näher beschriebene rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts ist mit einem Vermögen zur dauernden und nachhaltigen Erfüllung eines vom Stifter vorgegebenen Zwecks ausgestattet. Sie unterliegt der staatlichen Stiftungsaufsicht und im Falle des Status der Steuerbegünstigung auch der Aufsicht der Finanzbehörde am Sitz der Stiftung. Sie muss über einen Vorstand verfügen, der die Stiftung gemäß Stifterwillen verwaltet. Die Zahl an rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts hat sich in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt und ist auf über 25.000 angestiegen.

Treuhandstiftung

Die Treuhandstiftung, auch als unselbstständige, treuhänderische oder nicht rechtsfähige Stiftung bezeichnet, ist die weit verbreitetste Stiftungsform. Hier überträgt der Stifter einem Treuhänder Vermögenswerte zur Verfolgung des von ihm vorgegebenen Zwecks. Sinnvollerweise übernimmt eine juristische Person – und nicht eine natürliche Person, die ebenfalls dazu berechtigt wäre – die Treuhänderschaft. Treuhandstiftungen können wie rechtsfähige Stiftungen als „Ewigkeitsstiftungen“ ausgestaltet sein. Hauptvorteile dieser Stiftungsform sind, dass sie sehr schnell errichtet werden kann, da sie kein Anerkennungsverfahren durchlaufen muss, ihre Satzung unkompliziert angepasst werden kann und ihr Agieren nur im Falle ihrer Steuerbegünstigung – sie ist kein Rechts-, aber zumindest ein Steuersubjekt – von der Finanzbehörde überwacht werden würde. Die Zahl an Treuhandstiftungen wird auf bis zu 80.000 geschätzt.

"Unechte" Stiftungen

Als "unechte" Stiftungen werden Stiftungen bezeichnet, die zwar ein entscheidendes Merkmal von Stiftungen besitzen, nämlich die dauerhafte Vermögenswidmung zugunsten eines (zumeist gemeinnützigen) Zwecks, aber nicht die klassische Rechtsform der rechtsfähigen oder nicht rechtsfähigen/ treuhänderischen Stiftung annehmen. Je nach Stiftungsvorhaben respektive Stifterwille kommen auch Ersatzformen, wie die Stiftungs-GmbH, die Stiftungs-AG oder der Stiftungs-Verein in Frage. Diese Stiftungen tragen zwar den nicht geschützten Begriff der "Stiftung" in ihrem Namen, verfügen aber "im Kern" über eine andere Rechtsform. Stiftungs-Vereine sind als Vereine organisiert, müssen aber – anders als ein "normaler" Verein – zusätzlich über eine kapitalartige Vermögensausstattung oder zumindest eine gesicherte Anwartschaft darauf verfügen. Die den politischen Parteien zugehörigen Stiftungen sind – mit Ausnahme der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung – Stiftungs-Vereine. Die Robert Bosch Stiftung ist ein prominentes Beispiel einer Stiftungs-GmbH, die Kesting-Fischer Siftung das einer Stiftungs-AG.

Unternehmensstiftung

Unternehmensstiftungen sind Stiftungen bürgerlichen Rechts im unternehmerischen Bereich. Unternehmensverbundene Stiftungen treten, entsprechend ihrer Zweckrichtung und den Motiven des Stifters, u.a. als sog. Unternehmens-, Beteiligungsträger- und Komplementärstiftungen auf. Das Stiftungsvermögen wird in einem Unternehmen angelegt und/ oder die Mittel der Stiftung stammen aus diesem. Ein wesentlicher Vorteil besteht im Erhalt des Unternehmens und seines Kapitals sowie der Kontinuität der Unternehmensführung, anders formuliert, der Freiheit und dem Schutz vor ungewollter, externer (auch familiärer) Einflussnahme. In Deutschland gibt es wenige hundert Unternehmensstiftungen.

Verbrauchsstiftung

Verbrauchsstiftungen sind anders als „klassische Stiftungen“ nicht auf Dauer angelegt. Diese Stiftungsform ist per Gesetz definiert als „Stiftung, die für eine bestimmte Zeit errichtet und deren Vermögen für die Zweckverfolgung verbraucht werden soll“. Die dauernde Erfüllung des Stiftungszwecks erscheint gesichert, wenn sie für einen festgelegten Zeitraum von mindestens zehn Jahren besteht. Die Verbrauchsstiftung kann die Form einer rechtsfähigen als auch nicht rechtsfähigen Stiftung annehmen. Ihre wesentlichen Vorteile bestehen in der Möglichkeit, nicht nur die Erträge des Stiftungsvermögens – wie sonst üblich – einzusetzen, sondern das Vermögen und damit die Substanz der Stiftung selbst. Damit stehen häufig weitaus größere Summen zur Zweckverwirklichung zur Verfügung. Zum anderen eignet sie sich zur Realisierung zeitlich überschaubarer, begrenzter Vorhaben.

Das passende Stiftungsmodell finden

Wie unsere Übersicht zeigt, gibt es nicht die Stiftung. Es gibt unterschiedlichste Formen und einzelne Elemente, die sich zum Teil miteinander vermischen. Es bleibt die Aufgabe guter, professioneller Stiftungsberatung das für das jeweilige Stiftungsvorhaben passende Stiftungsmodell zu finden. Auch wenn die Klassifizierung in einzelne Stiftungstypen einer ersten Orientierung dienen kann, ist der in die Tiefe gehende Beratungsprozess durch nichts zu setzen.

Nehmen Sie gern mit uns Kontakt auf, wenn wir Sie bei Ihrem Gründungsvorhaben im Verbund mit unseren Netzwerkpartnern aus dem Bereich der Rechtsberatung unterstützen sollen.

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Hinweis: Dieser Beitrag stellt keine rechtliche Beratung dar und ersetzt diese nicht. Der Beitrag wurde auf Grundlage seriöser Quellen (insbes. Fachliteratur) erstellt und soll der ersten Orientierung dienen.

Wesentliche Quellen:
Bundesverband Deutscher Stiftungen: Zahlen, Daten, Fakten zum deutschen Stiftungswesen, 2021
Bundesverband Deutscher Stiftungen: Engagiert für Gott und die Welt, 2016
Schauhoff/ Kirchhain (Hrsg.): Handbuch der Gemeinnützigkeit, 4. Aufl. 2023
Schiffer (Hrsg.): Die Stiftung in der Beraterpraxis, 4. Aufl. 2015
Wigand et al. (Hrsg.): Stiftungen in der Praxis, 4. Aufl. 2015

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